Inemuri – das japanische Nickerchen zwischendurch

Inemuri
26. Juli 2023

Unsere Schlafkultur bestimmt, wann es Zeit für eine Erholungspause ist. Dabei finden sich in anderen Teilen der Welt interessante Schlafkonzepte, die sich deutlich von unseren europäischen Vorstellungen von Ruhe und Aktivität unterscheiden. Das japanische Inemuri etwa macht deutlich, wie tief das Konzept von polyphasischem Schlaf in der japanischen Kultur verwurzelt ist. Wir verraten dir, wie sich das erholsame Nickerchen auf Körper und Geist auswirkt und was du dir von den Japanern abschauen kannst.    

Was ist Inemuri?

In der westlichen Kultur trennen wir Erholungsphasen klar von unserem Arbeitsalltag. Tagsüber widmen wir uns Terminen, Meetings und Co., um im Anschluss an unseren anstrengenden Tag abends endlich Zeit für Freizeitaktivitäten und Regeneration zu haben. Unsere wohlverdiente Nachtruhe wird dementsprechend ausgedehnt zelebriert: 7 bis 8 Stunden Schlaf in der Nacht gelten als optimal. Ganz anders sieht das traditionell in vielen asiatischen Ländern aus, auch wenn diese sich inzwischen vermehrt an die europäischen Schlafgewohnheiten angepasst haben. Hier sind lange Zeit sogenannte polyphasische Schlafrhythmen üblich gewesen, bei denen der Schlaf in der Nacht tagsüber durch kurze Schlafphasen ergänzt wird. Auch heute schwören noch immer Menschen auf polyphasischen Schlaf. In Japan findet sich mit Inemuri ein besonderes Schlafkonzept, das unseren westlichen Vorstellungen von Erholung deutlich entgegensteht.  

Wortwörtlich übersetzt bedeutet Inemuri so viel wie „anwesend sein und schlafen“. Damit beschreibt es die in Japan übliche Form eines Nickerchens, die sich vor allem durch ihre Flexibilität auszeichnet. Tatsächlich wird in Japan oftmals jedes sich bietende Zeitfenster für eine kurze Erholungspause genutzt. Ob beim Pendeln zur Arbeit, mittags im Büro oder auch einmal mitten im Meeting: Überall nutzen Japaner die Gelegenheit, kurz ins Reich der Träume abzudriften. Damit unterscheidet sich das japanische Nickerchen ebenfalls deutlich von im Westen praktizierten Formen von Mittagsschlaf wie etwa der spanischen Siesta, die üblicherweise eine längere Erholungspause am Stück vorsieht.

Power Nap

Was sind die Vorteile von Inemuri?

Müsste man im Westen nach einer Entsprechung für das japanische Inemuri suchen, so würde man vermutlich beim Powernap landen. Auch hier geht es darum, kurzfristig Energie zu tanken und die leer gewordenen Reserven wieder aufzufüllen. Es handelt sich also um einen kurzen Schlaf zwischendurch, dessen Länge in der Regel 20 Minuten nicht überschreitet. 

Diese kurze Erholungspause ist für Körper und Geist ideal und bietet zahlreiche gesundheitliche Vorteile:  

  • Stärkt die Leistungsfähigkeit 
  • Unterstützt den Stressabbau 
  • Beugt Erschöpfungszuständen vor 
  • Sorgt für positive Stimmung 
  • Kräftigt das Immunsystem 
  • Erhöht die Kreativität 
  • Verbessert die Gedächtnisleistung 
  • Unterstützt das Herz-Kreislauf-System 

Diese Vorteile machen deutlich, dass sich kurze Schlafeinheiten während des Tages im Hinblick auf unser Wohlbefinden lohnen und uns dabei helfen, den Rest des Tages über produktiver und leistungsfähiger zu sein.

Produktivität

Erlaubnis zum Müdesein: Was wir von den Japanern lernen können

In unserer westlichen Kultur überwiegt immer noch die Überzeugung, dass Erwachsene kein Nickerchen brauchen. Erholungspausen im Alltag passen einfach nicht in unseren hiesigen Tagesrhythmus. Stattdessen fordert unser Alltag tagsüber ununterbrochene Produktivität, sodass viele Menschen von morgens bis abends arbeiten. Ganz anders in Japan: Hier haftet einer Erholungspause nicht etwa der soziale Makel der Faulheit an. Tatsächlich ist das genaue Gegenteil der Fall: Viele Firmen ermutigen ihre Angestellten zum Inemuri und selbst Schulen ermutigen ihre Schüler zum kurzen Dösen zwischendurch. Inemuri ist damit gesellschaftlich akzeptiert, denn die Japaner interpretieren das Bedürfnis nach Erholung nicht etwa als Faulsein, sondern sehen in der Erschöpfung eines Menschen etwas Positives: Derjenige hat alles gegeben und sich so sehr für seine Aufgaben eingesetzt, dass er jetzt eben eine kurze Pause benötigt. 

Doch auch wenn unsere westliche Gesellschaft das Nickerchen für Erwachsene noch nicht akzeptiert: Die Akzeptanz und Normalisierung von Erschöpfungszuständen ist etwas, das wir von den Japanern lernen können. Denn es ist es vollkommen normal, nach einem anstrengenden Morgen mittags in ein Leistungstief zu fallen. Unser Gehirn läuft während der Arbeit permanent auf Hochtouren und es ist unrealistisch, ununterbrochene Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit zu verlangen. Wenn du tagsüber müde wirst und deine Energie ein wenig nachlässt, ist das ein wichtiges Signal deines Körpers:  Hallo, meine Energiespeicher sind leer, ich benötige jetzt ein wenig Ruhe!

Schlafen

Zu viel des Guten? Darum greift Inemuri nicht in deinen Nachtschlaf ein

Japan ist das Land, in dem Erwachsene am wenigsten Schlaf abbekommen. Deshalb sorgt sich dort niemand darum, dass das Inemuri am Ende die Nachtruhe stören und das Einschlafen erschweren könnte. Und so wie das Nickerchen in Japan praktiziert wird, müssen sich die Japaner auch keine Gedanken um ihre Schlafqualität machen. Die kurzen Schlafphasen, die unterhalb von 20 Minuten dauern, wirken belebend und erfrischend. Dabei ist es die kurze Schlafdauer, die den Unterschied macht. Längere Schlafphasen während des Tages sind nämlich nicht empfehlenswert, denn nach 30 Minuten wechseln wir in tiefere Schlafphasen. Wenn wir vom leichten Schlaf in den Tiefschlaf fallen, spielen sich in unserem Körper verschiedene Prozesse ab. Unser Körper schaltet in den tiefen Reparationsmechanismus und deshalb ist es für uns besonders unangenehm, aus dem tiefen Schlaf geweckt zu werden. Wir fühlen uns dann deutlich müder als vor unserem Nickerchen, sodass wir beim Aufwachen noch weniger Energie haben. Wer es bei seinem kurzen Nickerchen bei 20 Minuten belässt, muss dagegen keine Konsequenzen befürchten und geniesst auch in der Nacht eine hohe Schlafqualität.

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Tags: Guter Schlaf
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